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Warum nicht mal FlÖssler?

(Fotos: Uwe Schiewe / Gunnar Goeritz)

Nun werden sich wohl viele Leute fragen was sind Flössler überhaupt? Flössler ist der deutsche Begriff für eine wissenschaftlich beschriebene Familie der Polypteridae.

Diese Tiere bewohnen seit mehr als 60 Millionen Jahren, unverändert ihres äußeren, den afrikanischen Kontinent und zählen somit zu den lebenden Fossilien. Dies drückt sich unter anderem durch ein besonderes Schuppenkleid und die merkwürdige Beflossung aus, wie auch einen außergewöhnlichen Aufbau der Organe. Polypteridae enthalten zwei Gattungen, einmal die Gattung Polypterus mit sechzehn wissenschaftlich beschrieben Arten und einer unbeschriebenen Art. Des Weiteren existiert noch eine Gattung mit nur einer Art und zwar Erpetoichthys der Flösselaal.

Zurzeit wird eine Revision (neue wissenschaftliche Überarbeitung) der ganzen Familie durchgeführt.

Die meisten Aquariengeschäfte in unserer Umgebung scheuen sich diese Tiere anzubieten, da sie nicht zu einem Mainstream oder aquaristischem Hype gehören und in einem Gesellschaftsbecken der Standardform nichts verloren haben. Dies ist durch ihre räuberische Lebensweise begründet. Die damit verbundene nicht ganz einfache Ernährung  und  Hälterung  in  einem Verkaufsbecken schreckt manche Händler sogar davon ab sie speziell zu bestellen  und meist  wird man  mit einem „Sind doch eh nur farblose Räuber“ abgespeist wenn man sich für solche Tiere interessiert. Ist das wahr?

Zur Entschuldigung der Händler muss man aber den Umstand verstehen, dass die meisten Exemplare im Handel Wildfänge darstellen und nur ab und zu Jungtiere aus so genannten hormongesteuerten Ost-Nachzuchten bei uns erhältlich sind.
 

 
Polypterus ornitapinnis                     Polypterus senegalus

 

Dieser Beitrag soll nicht nur den Appetit anregen oder faszinieren, sondern auch eine Erfahrung mit der Pflege von Flösselhechten darstellen. Selber pflege ich diese Tiere mit kurzen Unterbrechungen schon seit 1997. Die erste Art war natürlich der noch im kommerziellen Handel damals öfter auftretende Senegalflösselhecht (Polypterus senegalus). Schon damals pflegte ich jeweils hintereinander ein Einzeltier in Gesellschaft mit Augenfleckenbuntbarsch (Heros severum), dem Flaggenbuntbarsch (Mesonauta egregius), großen Kongosalmlern (Phenacogrammus interruptus), Schwielenwelsen (Dianema, Hoplesternum) und einigen L-Welsen (Loricariiden).

Auch eine Vergesellschaftung mit größeren Mbunas (Aufwuchs fressende Buntbarsche aus dem Malawisee) klappte über Jahre problemlos. Nach drei Jahren schöpferischer Pause entdeckte ich ein Trio dieser Art in einem Zoogeschäft und die Leidenschaft für diese urtümlich wirkenden sanft durchs Wasser gleitenden Tiere entlud sich im Kauf dieses Trios (ein ; zwei ).

Sie bezogen ein 420 Literbecken als einzige Pfleglinge. Die im Aquarium verbliebenen Guppys und Platys stellten ein willkommenes Empfangshäppchen dar und nach vier Tagen befanden sich keine der noch 23 lebend gebärenden Zahnkarpfen mehr im Becken.

Doch  alleine  in  so  einem  Becken  nur drei graue Würstchen zu halten erschien mir doch nicht das gelbe vom Ei zu sein. Also kamen über die Monate noch ein paar Tiere aus dem natürlichen Lebensraum hinzu. Erstmal natürlich zwei Flösselaale. Dann unter anderem Buschfische (Ctenopoma), Kongosalmler, Fiederbartwelse der Gattung Synodontis und Schmetterlingsfische (Pantodon buchholzi). Auch ein asiatischer Messerfisch sowie ein Pärchen südamerikanischer Maroniibuntbarsche zogen später ein. Diese Vergesellschaftung klappte gut, bis ich einen 30 cm langen Polypterus lapradei entdeckte. (Das kommt davon wenn man außerhalb seines gewohnten Terrains Zoogeschäfte besucht).

Diese Art machte mir klar dass Kongosalmler ihm genauso gut schmeckten wie Guppys, Platys etc. und er auch vor kleinen Fiederbart- und Stachelwelsen kein Halt kennt. Auch können von allen Flösselhechten Corydoras und Ancistrus gefressen werden ohne dass dem fressenden ein Schaden zugefügt wurde. Dennoch ist von Polypterus bekannt die nach dem Verzehr von Corydoras eingingen, also ganz wichtig nie Corydoras und Flösselhechte zusammenhalten!!! Nach dem Kauf dieses Polypterus lapradei war es dann um mich geschehen und der Wahn nahm seinen Lauf. Aber dazu später mehr.

Grundsätzlich stellt die Ernährung von Flösslern für den Besitzer eines Eisfaches kaum Probleme dar. Gefrorene rote Mückenlarven über Gammarus und Garnelen bis hin zu Stinten eignen sich hervorragend zur dauerhaften Ernährung. Selbstverständlich kann auch der unheilbar kranke Schwertträger oder der altersschwache Kirschflecksalmler als Futter dienen genauso wie Abkömmlinge aus der eigenen Guppyzucht und die Goldfischüberpopulation im eigenen Gartenteich. Doch auch Cichlidensticks und Störfutter aus unserem Zoogeschäft stellen für manche Arten ein solides Grundnahrungsmittel dar. Die Pflege dieser Tiere ist in der Tat nicht schwierig wenn wir auf das Eine oder Andere achten.

 

1. Becken muss ausbruchsicher gemacht werden, da diese Tiere gerne wandern.

2. Die Temperatur darf nie dauerhaft unter 21 Grad fallen da die Tiere sonst nicht mehr fressen und der Stoffwechsel zum Erliegen kommt.

3. Man sollte keine Becken unter 240 Liter wählen.

4. Auch wenn es Räuber sind so ist eine Haltung mit territorialen, Revier bildenden aggressiven Fischen immer mit Vorsicht zu genießen, da Flössler kaum Durchsetzungsvermögen haben.

5. Und in einem Aquarium für die preisgekrönten Hochzuchtguppys ist er auch fehl am Platze.

6. Trotz ihrer räuberischen Lebensweise ist von einer Fütterung mit Herz, Leber oder anderen Erzeugnissen aus Warmblüterfleisch dringend abzuraten da dies den baldigen Tod der Flössler zu Folge hat.

 

Ohne Probleme kann Polypteridae mit größeren Fischen die hochrückig sind, gemeinsam in einem Becken gehalten werden. Scalare und Discusfische stellen da keine Ausnahme dar. Doch sind Flössler im Vergleich zu letzteren keine empfindlichen Seelen.

Drei Monate ohne Wasserwechsel werden genauso gut überstanden wie ein verstopfter nicht bemerkter Filter oder ein kurzfristig durchgebrannter Heizstab der das Becken für einige Stunden auf 38 Grad aufheizt. Dies ist dadurch zu erklären da diese Fische den Hauptteil ihrer Luft über atmosphärische Atmung aufnehmen, sie schwimmen zur Wasseroberfläche und holen Luft. Also muss immer ein paar Zentimeter Luft zwischen Abdeckscheibe und Wasseroberfläche vorhanden sein, ähnlich wie bei Labyrinther.
 

  
Polypterus (bichir) lapradei                    Polypterus endlicheri

 


Polypterus (palmas) polli                 Erpetoichthys calabaricus
 

Ein oder zwei Hungertage pro Woche sind auch ratsam um einer Verfettung vorzubeugen. Das Becken sollte schon Versteckmöglichkeiten aufweisen und nicht zu hell sein. Entweder man bepflanzt sein Aquarium sehr gut oder hilft durch Torf oder Dimmung des Lichtes nach. Die kleineren Arten (Polypterus polli, P. palmas oder P. senegalus etc.) sind ab einer Kantenlänge von 120 cm die Größeren (P. ornitapinnis, P. lapradei, P.endlicheri etc.) ab 160 cm zu pflegen. Zu starke Strömung ist im ganzen Becken zu vermeiden, da die Fische in Amphibienmanier auch mal gerne auf Blättern, Steinen und dem Bodengrund ruhen.
Mit zu hektischen Gesellschaftsfischen wird man unsere Freunde nur zur Fütterung sehen ebenso sollten Bissverletzungen vermieden werden um Verpilzungen vorzubeugen. Ansonsten sind Flössler kaum anfällig für die typischen Fischkrankheiten.
Es ist zwar ratsam mehrere Tiere einer Art zu pflegen doch ist es eigentlich nur beim Flösselaal eine Voraussetzung. Um Ihnen liebe Leserinnen und Leser, eine preisliche Vorstellung zu geben. Flösselaale und Senegalflösselhechte sind zwischen 5 und 10 € zu haben, indessen Polypterus teugelsi mit 250 – 400 € je nach Größe gehandelt wird.

Der oben erwähnte Wahn hält bei mir bis heute an sodass aus ursprünglich 3 Arten 9 wurden und die Faszination dieser bis zu 40 Jahre alt werdende Fische heute immer noch auf mich wirkt, wie am ersten Tag.

Es ist eben eine etwas andere Art der Aquaristik die aber auch ihren Reiz besitzt. Vielleicht konnte ich Sie mit diesen Zeilen mit einer Fischhaltung vertraut machen welche einen Einblick in ein anderes Zeitalter gibt und einen Inbegriff von Tierhaltung der besonderen Art darstellt.

 

Euer Gunnar Goeritz

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