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Aquarianer und Motorradfahren

Es war einmal ein Jugendlicher, der träumte von Freiheit, Abenteuern und vom Motorradfahren. Dieser Junge war ich. Es begann als ich 15 Jahre alt war mit einem Mofa, ging mit 16 Jahren und einem Mokick weiter, und mit 18 Jahren fuhr ich dann Auto. Aber wo war das Motorrad? Nun aus wirtschaftlichen Gründen hatte ich mich erst fürs Auto entschieden und mein Motorradführerschein musste warten.

Als ich 22 Jahre alt war und es eine neue Regelung für Stufenführerscheine gab, entschied ich mich doch für ein Motorrad. Ihr kennt das ja alle, man darf erst nur Motorräder mit geringerer Leistung bis 34 PS fahren. Das war für mich der Auslöser den alten 1er Führerschein noch schnell zu machen. Ich lass mir doch nicht vom Gesetzgeber vorschreiben, mit was ich fahren darf oder nicht. Da wurde ich zum Rebell. Es gab eine Übergangsregelung von 2 Jahren und wer damals über 21 Jahre alt war, durfte noch den unbegrenzten Führerschein machen. Also los!

Nachdem ich ihn hatte, wurde sofort eine gebrauchte Honda CX500 mit 50 PS gekauft, die einiges aushalten musste. Denn ich besuchte in den ersten Jahren viele Motorradtreffen. Bedingt durch einen Motorschaden kaufte ich dann 1988 mein 2.tes Motorrad, eine Suzuki GS500 M Katana. Dieses Motorrad hatte ich sehr lange ohne Probleme. Erst als sie etwa 16 Jahre alt war, gingen die Reparaturen los. Es wurde zu meinem Bastelmotorrad. Da ich mit meiner kleinen „Katana“ bei Touren kaum mithalten konnte, kaufte ich 1993 von meinem Freund Markus seine gerade erst 4 Jahre alte Suzuki VS 1400 „Intruder“, einen Chopper. Mit meiner „Trude“ fahre ich auch heute noch so manche Tour.
 



Mein erstes Motorrad eine Honda CX 500 © R. Kunz

 

Meine zweite Maschine Suzuki GS 550 M "Katana" © R. Kunz

 

Noch immer im Einsatz meine
Suzuki VS 1400 "Intruder" © R. Kunz
 

Auf längere Touren fahre ich eine
Yamaha XJR 1300 © R. Kunz
 

Leider klappte es in den Jahren 1990 bis 1996 nicht immer einen gemeinsamen Termin für eine Tour zu finden. Es waren nur kleine Tagestouren möglich, aber nichts Größeres. Im Frühjahr 1997 setzten wir (Jochen, Markus und ich) uns dann doch zusammen und vereinbarten, dass wir jedes Jahr eine gemeinsame Motorradtour in den Süden machen wollten. Das Zielgebiet wurde die oberitalienische Seenplatte. So entstand erstmals unsere „Vatertagstour“. Der Name sagte es bereits aus, eine Tour nur mit Männern! Seit dieser Zeit sind wir jedes Jahr unterwegs, anfangs vom Vatertag bis zum Wochenende also vier Tage lang. Einige Jahre später sogar bis zu 6 Tage.

Auch hat sich der Termin teilweise berufsbedingt schon mal in den Sommer verschoben. Hier muss ich meiner Frau für Ihr Verständnis und Entgegenkommen  mal  ganz herzlich danken. Nicht jede Ehefrau würde da so cool reagieren und sich jedes Jahr wieder Sorgen machen.

Unsere erste gemeinsame Tour 1997 führte zum Gardasee nach Torbole im Norden.  Für  uns  war  immer wichtig, dass viele Passstraßen dabei waren, denn deren Aufkleber sammeln wir. Das wird jedoch immer schwieriger, da wir jetzt schon 39 Pässe mehrmals gefahren sind. Trotzdem ist es auch heute noch ein riesiger Spaß sich in die Kurven zu legen und dabei so manche Fußraste am Teer scharren zu lassen. Das gibt einem einen richtigen Adrenalinkick.






Auch Günter fährt Motorrad © R. Kunz
 

Mit Günter in der Nähe des Lago di Valvestino © R. Kunz
 

Auf dem Penser Joch © R. Kunz
 

Kurven fahren in Frankreich © R. Kunz
 

 

 
Zum Glück gab es bisher bis auf einmal, noch keine Unfälle bei unseren Touren, da hatte ich bedingt durch Unachtsamkeit in der Ortschaft einen harmlosen Auffahrunfall auf ein stehendes Auto. Dabei war der Schaden an meinem Motorrad für mich viel schlimmer als alles andere auf der Welt. Aber ich denke das ist bei vielen Bikern so.

Das Besondere an einer solchen Tour ist immer auch die Vorfreude und Planung. Da wird bereits im Herbst das Kartenmaterial gesichtet und das Zielgebiet ausgesucht. Dabei ergeben sich immer wieder angeregte Diskussionen über vergangene Touren. Es wird über unterschiedliches Fahrverhalten gelästert und es  werden  Neckereien  ausgetauscht.
So zum Beispiel:

Du Bergaufbremser, Schattenparker oder der Spruch „Du musst Druck aufbauen am Hinterrad“! Aber all das ist Teil einer ganz großen Freundschaft. Ich denke jeder kann sich bei uns auf den Anderen verlassen, egal in welcher Situation. Das ist etwas Einzigartiges und keiner von uns möchte das je missen. Mittlerweile sind wir 3 seit über 12 Jahren gemeinsam auf Touren unterwegs, das schweißt natürlich zusammen.
 


Beweisfoto fürs Album . . . © R. Kunz
 

Blick vom Col de L'Iseran auf Val d'Isere © R. Kunz
 

Am Col du Galibier 2645m © R. Kunz
 

Blick vom Col du Galibier nach Süden © R. Kunz
 

Eine Motorradtour ist auch heutzutage noch ein Abenteuer für uns, denn man weiß ja nie wie man wieder nach Hause kommt. Dabei meine ich nicht Unfälle, sondern Fragen wie: hält das Motorrad die Tour durch? Oder bleibt es auch mal defekt stehen? Man darf nicht vergessen, dass Motorräder nicht mit Autos vergleichbar sind. Denn Motorradtechnik ist auf Hochleistung getrimmt und dadurch etwas anfälliger.

Ich glaube nicht, dass einer von uns nur durch einen Fahrfehler zu Schaden kommt, aber ausschließen kann man das natürlich nicht. Wir alle haben mittlerweile weit mehr als 20 Jahre Erfahrung mit dem Bike und keiner von uns gehört zu der Kategorie Raser.

Bei unseren Touren haben wir verschiedenste Unterkünfte getestet, Campingplätze, Pensionen und Hotels, aber die Beste ist und bleibt ein Campingplatz. Am meisten Spaß macht es mit einem angemieteten Wohnwagen oder einem Wohncontainer. Hier hat man den Luxus einer Pension (man liegt bequemer als im Zelt auf Isomatten) aber trotzdem den Flair eines Campingplatzes. Abends sitzen wir draußen auf den Campingstühlen und genießen die laue Nacht.

Auf Wunsch meiner Freunde habe ich jedes Mal einen Schwenkgrill mit Dreibeinstativ dabei. Am ersten Abend wird immer gegrillt. Wir legen viel Wert auf solche Kleinigkeiten, denn die machen es aus. Einer nimmt Fleisch und Würstchen für den Abend mit und Andere haben Brot, Käse oder Salami dabei, damit wir auf der Tour auch mal eine Brotzeit machen können. Es soll ja an nichts fehlen.

Abends beim Essen wird dann über alles Mögliche diskutiert, auch Themen wie Erziehung, Arbeit und Privates sind dabei. Solche Themen sind wichtig und man muss sich auch andere Meinungen anhören können um zu verstehen. Da wir Freunde sind, nehmen wir auch kein Blatt vor den Mund und das ist gut so. Oft kann man seine eigenen Fehler oder Schwächen selbst nicht erkennen. Somit haben wir auch eine soziale Komponente auf unseren Touren. Natürlich wird auch über die Tagestour gesprochen, so genannte Benzingespräche. Welche Highlights waren auf der Strecke, war die Straße griffig, wer hat seine Fußraste angeschliffen, taugen die neuen Reifen was, und vieles mehr. Ein bisschen Angabe ist natürlich immer dabei, das gehört einfach dazu.
 






Blick in den Grand Canyon du Verdon © R. Kunz
 

Col d'Izoard 2360m © R. Kunz
 

Selbstverpflegung mit eigenem Grill . . . © R. Kunz
 

Seit einigen Jahren haben wir digitale Kameras im Einsatz mit denen wir dann auf der Tour die schöne Landschaft und natürlich auch uns fotografieren. Es werden Beweisfotos von der Passhöhe gemacht und auch Aufnahmen ohne Helm in der Kurve oder ähnliches.

Diese Bilder setzte ich dann zuhause in einer Bildershow zusammen und hinterlegte das mit bissigen Kommentaren und mit Musik. Das hat so toll eingeschlagen, dass meine Freunde beschlossen haben, ich muss das jetzt jedes Jahr tun. Das hat man davon.

Ein großes Highlight war 2007 unsere französische Seealpen Tour. Da haben wir mal kurzerhand 2500 km in 6 Tagen heruntergerissen. Das war die erste Tour, die nach Frankreich führte und nicht nach Italien. Wir waren alle der Meinung wir müssen mal woanders hinfahren, da wir mittlerweile Italien, die Schweiz und Österreich doch ganz gut kannten. Unser Ziel wurde Briaçon, das mittig zwischen dem Genfer See und Nizza liegt.

Die Anfahrt in einem Tag würde zeitlich nicht klappen, also fuhren wir erst übers Land nach Konstanz und dann auf der Autobahn quer durch die Schweiz bis nach Martigny in der Nähe des Montblanc. Dort übernachteten wir auf einem Campingplatz und fuhren am nächsten Tag weiter über 4 große Pässe nach Briaçon. Dabei überquerten wir den Gd. St.-Bernhard (2473m), den Col de pic. San Bernardo (2188m), den Col de L’Iseran (2770m) im Val d’Isere und den Col du Galibier (2645m). Das waren zwar nur 340km aber die hatten es bedingt durch die 4 Pässe in sich. In Briaçon machten wir Station auf einem Campingplatz. Am Abend merkten wir schon, dass das Wetter schlechter wurde und so entschieden wir uns am

folgenden Tag weiter in Richtung Süden zu fahren. Die Zelte, den Grill, unsere Motorradkoffer und die Campingstühle ließen wir vor Ort. Lediglich mit leichtem Gepäck wollten wir über die Grand Route de Alpes an die Côtes d’Azur. Dabei waren wieder zwei Pässe mit mehr als 2000m Höhe zu überqueren. Am späten Nachmittag badeten wir am Meer in der kleinen Ortschaft Agay (zwischen Cannes und Saint Raphaёl). Da wir dort im August keine Zimmer bekommen konnten fuhren wir weiter bis nach Grasse der bekannten Parfümstadt.

Am nächsten Morgen ging es über die Route Napoleon zum Grand Canyon du Verdon. Das war wirklich sehenswert. Etliche hundert Meter unter uns schlängelte sich der Fluss bis in den Lac de Ste Croix. Nach einer kleinen Kaffeepause ging es weiter über Castellane und dem Col de la Cayolle (2326m) am Lac de Serre Ponçon vorbei wieder zurück nach Briançon.

Eine letzte eiskalte Nacht mussten wir im Zelt verbringen. Am Morgen wurde erst alles eingepackt und auf das Motorrad geschnallt bevor wir zum Frühstück gingen. Danach ging es wieder zurück in Richtung Schweiz bis Andermatt, wo unser letzter Halt in einem Hotel war. Dabei hatten wir noch einmal 3 Pässe zu überwinden, den kleinen und großen Sankt Bernhard, sowie den Furkapass.

Am letzten Tag war nichts interessantes mehr dabei es ging über die Autobahn nach Bregenz und dann über Landsberg zurück nach Hause. Wir waren alle noch so von den Eindrücken überwältigt, dass wir auf der Heimfahrt kaum noch einen Blick für die Landschaft übrig hatten. Außerdem tat uns nach den vielen Kilometern auf dem Motorrad natürlich der Hintern weh und wir waren froh endlich angekommen zu sein.

Vielleicht hat ja der Artikel zu etwas mehr Verständnis für die gar nicht so schlimmen Rocker geführt. In diesem Sinne genießt alle Eure Hobbies egal welche und habt Spaß.

 

Euer

Rainer Kunz

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